Marcel Reich-Ranicki

Marcel Reich-Ranicki

* 02.06.1920
† 18.09.2013
Erstellt von Lausitzer Rundschau
Angelegt am 30.01.2014
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Über den Trauerfall (3)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Marcel Reich-Ranicki, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Der streitbare Literaturpapst ist tot

30.01.2014 um 11:06 Uhr von Lausitzer

Marcel Reich-Ranicki war einer der berühmtesten Intellektuellen Deutschlands

 

Verehrt und gefürchtet zugleich: der Kritiker Marcel Reich-Ranicki. Seine Autobiografie mit der Schilderung der Flucht aus dem Warschauer Ghetto wurde zum Bestseller. Nun ist er mit 93 Jahren gestorben. 

Deutschlands berühmtester Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 93 Jahren in Frankfurt. Dies teilte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ mit, für die er jahrzehntelang gearbeitet hatte. Der scharfzüngige „MRR“, der in Polen als Sohn einer jüdischen Familie geboren wurde, wuchs in Berlin auf. Zusammen mit seiner Frau überlebte er das Warschauer Ghetto und kehrte 1958 nach Deutschland zurück. Für seine Arbeit wurde Reich-Ranicki mit Ehrungen überhäuft.

Im März diesen Jahres hatte er seine Krebs-Erkrankung öffentlich gemacht. Auch im hohen Alter war er noch eine zentrale Instanz der Literaturszene. Bis zuletzt hatte er eine Kolumne in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „MRR“ war nicht nur viele Jahrzehnte der unangefochtene deutsche Literaturpapst, er war auch ein „begnadeter Entertainer“, wie ihn Thomas Gottschalk an seinem 90. Geburtstag in der Frankfurter Paulskirche bewundernd nannte. Wie kein anderer deutscher Intellektueller schaffte er es, das spröde Medium Buch im Fernsehen populär zu machen. Das „Literarische Quartett“ im ZDF, das Reich-Ranicki fast 14 Jahre lang moderierte, war für Millionen Menschen immer auch eine große Unterhaltungsshow. Von 1988 an bis 2001 wurden in 77 Sendungen rund 400 Bücher besprochen – und oft zu Bestsellern gemacht. Im August 2006 erklärte Reich-Ranicki seinen endgültigen Abschied vom „Quartett“. Darin hatte er zuletzt noch in einigen Sondersendungen mitgewirkt.

Ein halbes Jahr zuvor war Reich-Ranicki nach einer Sendung zum 150. Todestag von Heinrich Heine mit Herzbeschwerden ins Krankenhaus gekommen. Seitdem galt er als gesundheitlich angeschlagen. Im April 2011 starb seine Frau Teofila („Tosia“) im Alter von 91 Jahren. Mit ihr war er einst aus dem Warschauer Ghetto geflüchtet. Altwerden sei fürchterlich, räumte er in den vergangenen Jahren mehrfach in Interviews schonungslos ein. Der Tod sei sinnlos und er müsse täglich daran denken, sagte der Skeptiker, der nicht an überirdisches Weiterleben glaubte.

 

Des Kritikers fuchtelnder Zeigefinger, sein leichtes Lispeln und die etwas krächzende, aber durchdringende Stimme waren Markenzeichen, die oft auch parodiert wurden. „Die Klarheit ist die Höflichkeit des Kritikers, die Deutlichkeit seine Pflicht und Aufgabe“, lautete sein Credo. Allerdings lasse sich dabei Grausamkeit „leider nicht immer ausschließen“, wie er einräumte. Das bekamen viele Schriftsteller zu spüren, allen voran Günter Grass. 

Von Thomas Maier

Abschied von Marcel Reich-Ranicki - Große Trauerfeier für Literaturkritiker in Frankfurt/Main

30.01.2014 um 11:04 Uhr von Lausitzer

Zahlreiche Weggefährten, Prominente und Politiker haben auf dem Frankfurter Hauptfriedhof Abschied von dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki genommen.

Zu der Trauerfeier kam am Donnerstag auch Bundespräsident Joachim Gauck. Der „Literaturpapst“, wie Reich-Ranicki genannt wurde, war vergangene Woche im Alter von 93 Jahren gestorben.

„Wir werden ihn immer hören, bei allen Büchern und Texten, die wir lesen. Seine Stimme wird immer dort zu hören sein, wo Literatur ist“, sagte der Mitherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Frank Schirrmacher. Für die Zeitung hatte Reich-Ranicki seit 1958 gearbeitet.

TV-Entertainer Thomas Gottschalk erinnerte noch einmal an den Moment, als Reich-Ranicki 2008 den Deutschen Fernsehpreis zurückgewiesen hatte: „Lieber Marcel, ich verleihe dir noch einmal einen Lebenspreis und keiner bedauert es mehr als ich, dass Du ihn diesmal nicht mehr ablehnen kannst.“

Der scharfzüngige Reich-Ranicki, der in Polen als Sohn einer jüdischen Familie geboren wurde, wuchs in Berlin auf. Zusammen mit seiner Frau überlebte er das Warschauer Ghetto und kehrte 1958 nach Deutschland zurück. Das Paar hat einen Sohn, der als Mathe-Professor im schottischen Edinburgh lebt. Einem Millionenpublikum wurde der Kritiker mit der ZDF-Sendung „Das Literarische Quartett“ bekannt. 1999 veröffentlichte er seine Autobiografie „Mein Leben“. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wies auf den leidvollen Weg des Holocaust-Überlebenden hin. Es spreche von unendlicher Größe, dass Reich-Ranicki nach den „Jahren der Barbarei“ am geistigen Wiederaufbau Deutschlands mitgewirkt habe.

Salomon Korn, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, sprach von Reich-Ranicki als einem „liebevollen, gefühlsbetonten, herzlichen“ Menschen. Reich-Ranicki hat sich – wie seine Frau Teofila, die 2011 mit 91 Jahren gestorben war – eine Feuerbestattung gewünscht. Die Urnenbeisetzung soll in einigen Wochen im engsten Familienkreis stattfinden. Im Oktober soll es zudem eine öffentliche Gedenkfeier in der Paulskirche geben. 

dpa/pb

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki aufgenommen am 26.01.2012 in Berlin.

30.01.2014 um 10:04 Uhr von Lausitzer
Foto Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki aufgenommen am 26.01.2012 in Berlin. für Marcel Reich-Ranicki